Glamour Eiland

Andreas, Uschi und Wanda probieren Glamour. Zwischen dem Wunsch nach Unverwechselbarkeit und der Sehnsucht, eine Stelle im Darstellungsrepertoire von Szenen zu besetzen, wollen sie rein ins Bildarchiv, dorthin, wo die Stars wohnen. Liebe, Weltverbesserung und Designvermögen prallen aufeinander. Was sich in einem ersten Teil als zerfahrenes Hantieren mit fragmentierten Selbstbildern darstellt, fügt sich in einem zweiten Teil zum Gesamtbild: Die Darsteller_innen begegnen ihrem Selbst im Museum, in Form von Puppen, die ihnen eine Vergangenheit als Stummfilmstars vor Augen führen. Das Spiel auf der Bühne läuft zunehmend parallel zum Spiel im projizierten Filmbild. In einem dritten Teil besinnen sich die Protagonist_innen auf die Realitäten dessen, was sie darstellen: Sie sprechen von den Wünschen nach Äusserem, die zur Äusserung, zur schönen aber schmerzvollen Verunklärung des Selbstbilds, immer wieder antreiben.
KMUProduktionen betritt die Welt des Glamours durch die Hintertüre der Archive, der kulturell aufgeladenen und überhöhten Images. Dabei flechten sie aus dem medialen Eigenwillen von Text, Schauspiel, Computeranimation, Kostüm und Musik ein Utopia mit Brüchen, in dem sich der Kampf um Sichtbarkeit ausbreitet. Liegt in der Unzulänglichkeit des eigenen Körpers, sich stabilen Bildern anzuverwandeln, sein utopisches Moment? Der Theatertext hält Bedeutungsfelder offen, die von den anderen Medien besetzt und umbesetzt werden können.

Besetzung
Schauspiel: Ursula Reiter, Andreas Storm, Wanda Wylowa | Text, Regie: Tim Zulauf | Animation: Yves Netzhammer | Bühne: Daniel Robert Hunziker | Kostüm: Zuzana Ponicanova | Musik: Bernd Schurer | Film: Eva von Wartburg | Dramaturgie, Regieassistenz: Simone Markovic | Choreographie: Anne-Christine Gnekow | Licht, technische Leitung: Matthias Hiller | Film- und Computertechnik: Gennaro Monti | Produktionsleitung: Lukas Piccolin | Videoassistenz: Cornelia Heusser

Dauer: 75 Minuten

Aufführungen
Theaterhaus Gessneralle, Zürich: 27. und 30. Oktober, 02., 03., 04., 10., 11., 12., 13. und 14. November 2004
dietheater Wien: 14. und 16. Januar 2006

Ausstellung
«The Future Has a Silver Lining. Genealogies of Glamour», Migros Museum, Zürich, kuratiert von Heike Munder und Tom Holert, 28. August–bis 31. Oktober 2004

Publikation
Tom Holert, Heike Munder (Hgg): «The Future Has a Silver Lining. Genealogies of Glamour», Verlag Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, 2004

KMUProduktionen in Koproduktion mit Theaterhaus Gessnerallee und migros museum.
Unterstützt durch Pro Helvetia, Migros-Kulturprozent, doing glamour – ith

Stimmen
«Zulauf hat Dialoge geschrieben, die streckenweise so dicht und anspielungsreich sind, dass René Pollesch dagegen wie ein Werbetexter wirkt. […] Zulaufs komplexes Kopftheater zeigt, dass das weitgehend autonome Nebeneinander einzelner Künstler auf der Bühne eine neue, kalte, eigensinnige Kraft entwickeln kann.» Eva Behrendt, Theater heute, 1.12.2004
« ‹Glamour Eiland› ist ein spannendes Lehrstück über Zeitgeistsurfer, die sich in eine neblige Landschaft verirrt haben und gemeinsam einen Weg nach draussen suchen und nicht finden. […] Beide Elemente, Animation wie Bühnenspiel, bilden eine gute Einheit, ergänzen sich, unterstreichen und verstärken sich gegenseitig.» Renato Bagattini, sfd, 29.10.2004, Die Südostschweiz, 29.10.2004
« ‹Mir ist das zu abstrakt, Sex ist die Antwort.› Nicht für den Kritiker. Er hat sein bisschen Geist bereits aufgegeben, und sein Kritzeln ins Notizbuch sind letzte, motorische Zuckungen.» Peter Müller, Tages-Anzeiger, 29.10.2004
«Das assoziativ scheinende, aber dichte Textgeflecht ‹interagiert› dabei mit der pausenlosen Bildspur auf einem grossen, in der Mitte des Raumes auf variabler Höhe hängenden Videoscreen-Würfel. Auf dieser Bildspur kommentiert und konterkariert Yves Netzhammer mit seinen Computeranimationen die Metaphorik des Textes, spinnt sie weiter und entwickelt so ein Kunstwerk im Kunstwerk.» Tobias Hoffmann, Neue Zürcher Zeitung, 29.10.2004

Fotos: Derek Stierli

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