La porte portable

Im Stück «La porte portable» finden sich drei Schauspieler_innen aus Tunesien und der Schweiz in ein futuristisches Szenario versetzt. Sie oszillieren zwischen ihrer eigenen Biographie, ihren Rollenaufträgen als Bibliothekarin, Putzfrau und Schmied … und mythischen Science-Fiction-Figuren, von denen sie sich auf unheimliche Weise selber gespielt sehen. Nur – wer genau sind diese Wesen, die 250 Jahre von hier im Mittelmeer unter Wasser leben, und die nun auf der Suche nach einer Technologie sind, um ihre Erinnerungen an das Tunesien der Jahre 2011 bis 2015 wiederzugewinnen? Darsteller_innen und Figuren verschränken sich räumlich über eine Videoübertragung zwischen zwei neuralgischen Orten in der Medina von Tunis: Der Strasse der Schmiede und der Bibliothek Sidi Bou Medien.

Die Handlung schreibt sich währenddessen immer enger in die Herkunftsländer der Schauspieler_innen ein: Hat die Schweiz 2012 nicht eine Migrationspartnerschaft mit Tunesien abgeschlossen? Was durfte Tunesien als Gegenleistung erwarten? Und in wohin treiben die Körper der im Mittelmeer verschollenen Migrant_innen? Während die Zukunftswesen diesen Fragen nachforschen, die so bedeutsam für ihre Zukunft sind, öffnet eine transportable Türe neue Perspektiven zwischen vermeintlichen Gegensätzen: Handwerk und universitäre Bildung, nationale Schranken und universelles Bewegungsrecht, liberale Demokratie und ideologischen Haltungen – je länger die Suche in der angespannten postrevolutionären Situation Tunesiens andauert, desto weiter vervielfältigen sich diese bipolaren Begriffsgefüge und desto mehr Gegenwart faltet sich zwischen der Darsteller_innen, der Zukunft und den Zuschauer_innen auf.

«La Porte portable» spielt während vier Stunden in einem Loop, in dem die Zuschauer_innen frei den aneinander gefädelten Handlungsfragmenten folgen, unter anderem bis zur Verschränkung zweier Bücher: Einem weiterhin in mehrfacher Ausgabe in der Bibliothek vorhanden, ideologisierendem Kinderbuch von Ben Ali und dem Schweizer Handbuch «Die marokkanische, die tunesische und die algerische Bevölkerung in der Schweiz», das irritierten Gemeinden den Umgang mit fremder Kultur erklären soll.  



Text, Inszenierung, Video: Tim Zulauf | Schauspiel: Vera Bommer, Abdelmonaâm Chouayet, Najoua Zouhair | Kostüme: Amel Esseghir | Produktionsassistenz: Fedi Bellakhel, Nour Mnakbi | Übersetzung Deutsch-Französisch: Dr. Claudia von Wilcken | Übersetzung Französisch-Tunesisch: Abdelmonaâm Chouayet, Najoua Zouhair | Recherchen in der Schweiz: Dalila Ghodbane

Aufführungen
Zürcher Theater Spektakel, 25. bis 29. August 2016
Im Rahmen der Tunis’ Biennale  «Dream City – Art et lien social», vom 4. bis 8. Oktober 2015. Aufführungsort Bibliothèque Sidi Ben Medien, 55, Rue Hajamine, Tunis.
65/75 Minuten als Wiederholungsschlaufe, kontinuierlicher Einlass von 13 bis 17 Uhr

Produktionspartner
Pro Helvetia, Association L’Art Rue Tunis, Schweizer Botschaft Tunis

Fotos: Mahdi Bechaouech, Mahdi Belhassen, Heithem Chebbi, Rahma Megarech, Nadhem Mouedhe, Corinne Grassi | Videostills: Tim Zulauf

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