Striche durch Rechnungen

Sexarbeiterin E. gibt ihren Salon auf. Die Umsetzung der neuen Prostitutionsgewerbeverordnung zwingt sie dazu. Nur: Der für ihren Auszug verantwortliche Sittenpolizist H. mischt sich weiterhin in ihr Leben ein. Möchte er E.s neues Engagement für eine globale Sexarbeiter_innenorganisation durchkreuzen? Was sonst bezweckt die Beharrlichkeit, mit der er E. auf ihre ehemalige Rolle festzulegen versucht? E. setzt sich zur Wehr. Sie beschliesst die Doppelmoral ihrem Beruf gegenüber von Innen anzugehen – von H. aus. Doch es stellt sich heraus: Die beiden gesellschaftlichen Gegenpositionen sind bereits von einer unbekannten, nichtidentischen Energie durchdrungen. Grenzen zwischen Geschlechtern und argumentativen Positionen verrutschen und vervielfältigen sich. Umgearbeitet wird dabei ein stereotypes Sprechen, das Sexarbeit heute stigmatisierend an osteuropäische Migrant_innen, kulturellen Rückstand, Kriminalität, mangelnde Hygiene und Frauenhandel koppelt – und das so die räumlichen Trennungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen vertieft.
Das Projekt «Striche durch Rechnungen» beschäftigt sich mit dem jüngeren Geschehen im Zürcher Sexgewerbe: Im Herbst 2013 verlagerte das Stimmvolk mit 52.6% den Strassenstrich Sihlquai in Verrichtungsboxen nach Altstetten. Und seit dem 1. Januar 2013 verpflichtet eine neue Prostitutionsgewerbeverordnung Sexarbeiter_innen, aufwendige Bewilligungsverfahren durchzustehen. Diejenigen, die sich dazu nicht in der Lage sehen, werden in die Illegalität oder in neue, ungewisse Lebenssituationen gedrängt. Gross-Clubs in der Agglomeration bieten derweil neue Kombiangebote an, während kleine, selbstverwaltete Salons schliessen müssen.
«Striche durch Rechnungen» setzt sich aus unterschiedlichen Text- und Handlungsfragmenten zusammen, die während der vierstündigen Aufführungsdauer in wechselnder Reihenfolge wiederholt gespielt werden. Die «Installative Dramatisierung» kann durchgehend besucht werden.

Besetzung
Performance, Schauspiel: Andreas Storm, Christoph Rath (Video) | Text, Projekt, Installation: Tim Zulauf | Dramaturgie: Andreas Storm, Andrea Thal | Kamera 1, Video: Franziska Koch | Kamera 2: Guido Henseler | Ton: Susanne Affolter, Guido Henseler | Recherche: Andreas Lehner | Grafik: Roger Conscience | Produktionsleitung, Fotografie: Andrea Thal | KMUProduktionen in Koproduktion mit Les Complices*

Aufführungen
Les Complices*, Zürich: 10 Aufführungen zwischen 28. August und 11. September 2013
Les Complices*, Zürich: 4 Aufführungen zwischen 01.10. und 04.10.2014 
Am 04.10. Gespräch «sex_net_works», mit Mia, Magische Tantra Studio Bern, Martha Wigger, Fachstelle Sexarbeit Xenia, Bern, und Lea Bösiger, Beratungsstelle Isla Victoria
Biennale Bern 2014: 12., 13. und 14. September
Shedhalle Zürich: SA 28. März 2015, von 16.30 bis 18 Uhr, im Rahmen der Kritnet-Tagung

KMUProduktionen in Koproduktion mit Les Complices*
Mit Unterstützung von Stadt Zürich Kultur, Kanton Zürich Fachstelle Kultur, Georges und Jenny Bloch-Stiftung, Schweizerische Interpretenstiftung, Migros-Kulturprozent

Fotos: Andrea Thal

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